im dritten Teil unseres Interviews gibt Alois Mráz, Nachwuchskoordinator des VfL Gummersbach, einen Einblick in die Trainingsarbeit, welchen Fokus das Trainerteam setzt und welche Perspektive jungen Nachwuchsspielern beim VfL Gummersbach geboten wird.

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Nicht erst seit der Personalie Christian Prokop wird vermehrt über Wertevorstellungen im Sport und Alltag allgemein gesprochen. Was ist der Handballakademie VfL Gummersbach wichtig?

Wir wollen eine offene und ehrliche Kommunikation mit den Beteiligten führen. Dennoch gibt es dafür natürlich auch natürlich Grenzen, die wir für wichtig erachten. Über Trainingsinhalte, Aufstellungen und Kaderzusammenstellungen werden wir uns im Trainer- und Verantwortungsteam auseinandersetzen und diskutieren. Das ist aber nichts was per se mit Spielern oder Spielereltern besprochen wird.

Im Umgang miteinander in der Halle sowie bei Spielen und Veranstaltungen der Akademie haben wir vor anderthalb Jahren unseren Claim „Heimat des Handballs“ herangezogen und über „HEIMAT“ Charaktereigenschaften definiert, die für uns einen ganz besonderen Stellenwert einnehmen.

 

Was sind das für Eigenschaften?

PersönlicHkeit, RespEkt, MotivatIon, KomMunikation, TeAmfähigkeit, SelbstsTändidigkeit sind die sechs zentralen Eigenschaften die unserer Spieler, Trainer, Betreuer und ebenso unsere Arbeit auszeichnen. Die Persönlichkeit gilt es über die Jahre zu entwickeln und stetig daran zu arbeiten, wie es auch in der Rahmentrainingskonzeption des DHB gefordert wird, in der die Persönlichkeitsentwicklung ein zentraler Baustein der Toptalentearbeit ist. Das erreichen wir über den Respekt vor dem Mitspieler, Trainer, Betreuer, Vereinskollegen sowie Gegner, Schiedsrichter und allen am Spiel direkt oder indirekt beteiligten Personen. Motivation, jeden Tag aufs Neue das Beste zu geben ist zwingend notwendig, um den Schritt ganz nach oben schaffen zu können. Und auch wenn es dafür nicht schaffen sollte, muss ich jeden Tag motiviert sein, um mein Limit zu erreichen und vielleicht sogar nach oben verschieben zu können. Das Thema Kommunikation ist und wird immer wichtiger. Mit Trainern, Verantwortlichen, Eltern und Lehrern muss immer wieder kommuniziert werden, auf diversen Wegen und in verschiedenen Situation. Dass das zielorientiert und vernünftig abläuft ist ein wesentlicher Aspekt unserer Arbeit und für uns wichtig. Teamfähigkeit schließt sich den Themen Respekt und Motivation an. Nur wenn wir unsere Spieler zu gegenseitigem Respekt, eigenständiger Motivation sowie zu einer gesunden Portion Ehrgeiz erziehen, werden wir eine starke Gemeinschaft bilden und als Team erfolgreich sein. Abschließend in der Reihenfolge steht der Begriff der Selbstständigkeit, der verdeutlichen soll, dass wir unsere Spieler dazu erziehen wollen, zu realisieren, dass sie selber im Wesentlichen für ihre Leistungsfähigkeit und damit auch etwaige Einsatzzeiten verantwortlich sind. Talent ist nicht gleichbedeutend mit Einsatzgarantien. Es gab und wird viele talentierte Spieler geben, die den Weg nach oben nicht in dem Maße schaffen, wie sie sich das erhofft hätten, weil sie nicht selbstständig arbeiten und sich selber motivieren können, auch an schweren Tagen zu trainieren. Im Gegensatz dazu werden es womöglich Spieler schaffen, die sich die Chance lange und hart erarbeitet haben und anschließend in der richtigen Situation ihre Chance ergriffen haben.

 

Neben der eigentlichen Arbeit im Leistungssport; habt ihr weitere Projekte, die ihr betreut?

Um irgendwann einmal Leistungssport betreiben zu können, müssen wir in der Breite und damit verbunden an der Basis arbeiten. Aus einer breiten Basis wächst eine hohe Spitze. Das ist auf der einen Seite einfach und logisch, auf der anderen Seite aber leider nicht ganz so leicht umgesetzt. Wir arbeiten mit 3 Kindergärten und 5 Grundschulen zusammen, um bereits dort Grundlagen für spätere Sportkarrieren zu legen. Dabei ist uns der Output in den Handball erstmal nicht wichtig. Es geht darum, die Spiel- und Sportfähigkeit der Kinder zu erhöhen bzw. in vielen Fällen sogar erst zu wecken. Die Entwicklung geht leider immer weiter in Richtung Abstinenz vom Sport, sodass wir früh anfangen den Kindern zu zeigen das Sport Spaß macht und man auch etwas Gutes für den Körper tun kann.

Darüber hinaus haben wir Handballcamps in unserem Angebot, in denen wir den Kindern auch in den Ferien die Möglichkeit geben wollen, mit den Trainern der Akademie zu trainieren und drei Tage lang wie die Profis trainieren zu können.

Und auch für unsere Akademiespieler haben wir seit etwa anderthalb Jahren eine Lernbetreuung eingerichtet, die jeden Samstag Unterstützung bietet, um schulische Themen nachzuarbeiten und Klausuren vorzubereiten.

Ebenso haben wir mit unseren Internatsspielern einen Rollentausch mit den Angestellten des Victors Residenz Hotels durchgeführt, um den Spielern einmal zu vermitteln, was es bedeutet in einem Hotelbetrieb zu arbeiten und dafür zu sorgen, dass die Zimmer sauber, das Essen frisch und warm sowie die Zimmer überhaupt verfügbar sind. Im Gegenzug war es genauso wichtig, dass die Mitarbeiter im Hotel erfahren konnten, was die Jungs täglich im Training leisten. Das haben sie durch ein gemeinsames Training mit den Spielern und Trainern der U19 erlebt, sodass sie auch ein Gefühl dafür bekommen konnten, was die Jungs abreißen, um sich den Traum vom Handballprofi erfüllen zu können.

 

Weshalb geht ihr in Kindergärten und Grundschulen. Dort wird ja noch kein Leistungssport betrieben…?

Hier geht es wie oben schon angerissen darum, den Kindern den Spaß am Sport im Allgemeinen zu vermitteln. Ihnen klar zu machen, dass es Spaß macht und Freundschaften entstehen lassen kann, wenn man gemeinsam einer Passion nachgeht. Da geht es uns erstmal nicht darum, den nächsten Nationalspieler zu entdecken, sondern primär den Rückgang der Sportaffinität aller Kinder zu stoppen und diese in den Sport zu bringen. Ob sie Turnen, Volleyball oder Handball spielen ist uns dort wirklich nicht wichtig. Wenn wir Handball-talentierte SpielerInnen erkennen fragen wir sie aber natürlich, ob sie Interesse haben, mal zu einem unserer Trainingseinheiten zu kommen. Was dann aus diesen Kindern wird, ist aber ohnehin nicht absehbar. Da oftmals im Grundschulalter wenn überhaupt schon Sportaffinitäten vorhanden sind, die dann häufig in Richtung des Fußballs ausschlagen, versuchen wir den anderen Sportarten wie auch dem Handball bereits im Kindergartenalter Zuwächse zu ermöglichen, in dem wir dort aktiv mit den Kindern arbeiten. In den Minis und Bambinis haben wir seit etwa anderthalb Jahren einen regen Zuwachs verzeichnen können, weil auch diejenigen die die Kindergärten betreuen, die sind, die das Training im Verein leiten. Das schafft Verbindungen und Identifikation mit der Sache.

 

Wo soll der Weg der Akademie hinführen? Seid ihr zufrieden mit der Anschlussförderung in Richtung Bundesliga?

Im aktuellen Fall muss man sagen, dass es für die Verzahnung im letzten Jahr sehr gut lief. Die Unterstützung, unabhängig vom sportlichen Abstieg in die 2. Liga, seitens der GmbH in Richtung Akademie war nie größer als sie es aktuell ist. Und das nicht einmal nur, was die Integration der Jugendspieler in den Kader bzw. das Training der Bundesligamannschaft betrifft. Aktuell sind ja 7 Spieler im Kader der Bundesligamannschaft, die in Ihrer Jugend die Akademieteams durchlaufen haben. Und auch neben diesen fixen Kaderspielern haben im Laufe der Saison weitere Spieler der U19 die Möglichkeit erhalten, sich im Training bei den Profis zu beweisen. Julius Fanger hat bereits erste Einsatzzeiten erhalten, Mathis Häseler hat sich im Training mehrfach beweisen können, genauso wie Loïc Kaysen vor seiner Verletzung regelmäßig im Training Bestandteil der Mannschaft war. Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wir aber keineswegs am Ende sind.

 

Wird der Anteil an eigenen Nachwuchsspielern weiterhin so hoch bleiben, wie er aktuell ist, oder ist das eine Ausnahme?

Unser Ziel ist es natürlich, dass der Anteil eigener Spieler im Kader der Profis so hoch bleibt, oder vielleicht sogar noch ansteigt. Dafür ist es notwendig, dass wir im Scouting noch besser werden, die Qualität unserer schon sehr guten Arbeit in der Halle immer weiter verbessern und so die Spieler technisch, taktisch, athletisch so früh wie möglich, so gut wie möglich machen. Dann werden wir auch in Zukunft einen weiterhin hohen Anteil Spieler bei den Profis haben, die den Weg in der Heimat des Handballs genommen haben.

 

Wie sieht die Perspektive für Nachwuchsspieler beim VfL Gummersbach aus?

Es bieten sich aktuell wenig bessere Möglichkeiten für Jugendspieler wie wir das betrachten. Wir spielen in allen Klassen in der jeweils höchsten Spielklasse, habe eine nachweislich sehr hohe und gute Durchlässigkeit in die jeweils höheren Mannschaften, um so ganz individuell jeden Spieler so gut es geht fördern zu können. U15 Spieler sind bereits in der U17 aktiv, von deren Spieler wiederum bereits in der U19 Einsatzzeiten erhalten. Die Integration der ältesten Jugendmannschaften in die Kader der 2. Herrenmannschaften läuft ohnehin schon seit geraumer Zeit sehr gut und wurde durch die sehr gute Zusammenarbeit mit der GmbH auch immer wieder weiter verbessert. Sodass wir aktuell für jeden Spieler sehr gute Möglichkeiten haben, sich bei uns zu entwickeln und die nächsten Schritte ihrer Karriere zu gehen. Und das alles in bestmöglicher Kombination mit der weiteren beruflichen Perspektive über das Standbein Ausbildung, Studium, Praktika.

 

 

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